Es soll erstmals die Vorgeschichte der Verhaltensphysiologie und der Verhaltensforschung in Österreich, die 1973 bekanntermassen zu zwei Nobelpreisen geführt hat, untersucht werden. Die begriffs- und experimentalgeschichtliche Rekonstruktion der sinnesphysiologischen Verhaltensforschung von Karl von Frisch, aber auch die experimentelle und theoretisch-biologische Arbeit jener Forscher, die im experimentalzoologischen Forschungsinstitut Prater-Vivarium gearbeitet haben, führen mit überraschender Konsistenz auf eine gemeinsame Wurzel. Diese ist in der Person Sigmund Exners identifiziert, der Nachfolger Brückes am physiologischen Institut der Wiener Medizinischen Fakultät war, aber auch Onkel und erster wissenschaftlicher Ratgeber von Karl von Frisch. Darüber hinaus war Exner auch verehrter Lehrer des Vivariumsgründers Hans Przibram und bestanerkannter Kollege des Erkenntnistheoretikers der modernen Biologie, Ernst Mach. Darum soll mit diesem Forschungsprojekt sowohl Verbindungslinien von Machs empirisch-holistischer Naturphilosophie zur Entwicklung der Systemtheorie durch Paul Weiß und Ludwig von Bertalanffy gezogen werden, wie auch die verborgenen Verbindungen Karl von Frischs und z.B. Erich von Holsts mit der Vivariumsbiologie erhellt und in einen größeren wissenschaftshistorischen Rahmen gestellt werden. Die parallel verlaufende Entwicklungslinie der evolutionstheoretisch arbeitenden Universitätsbiologie, die mit der Vivariumsbiologie definitiv verfeindet und für letztere sogar existenzvernichtend war, gilt es ebenfalls erstmals zu untersuchen. Dabei wird die Evolutionstheorie Othenio Abels im Mittelpunkt stehen und in einer vergleichenden Analyse wird die Lorenz’sche Verhaltensforschung unter dem Aspekt der engen Verwandtschaft seiner Evolutionstheorie mit jener Abels untersucht werden. Dieses gesamte Forschungsprojekt dient der Aufarbeitung der jüngeren Geschichte der Theoretischen Biologie in Österreich, deren Bedeutung wissenschaftshistorisch und -theoretisch grundlegend bearbeitet werden soll.